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the empyrean
Und während ich möglicherweise nicht überleben werde, wenn ich hier bleibe, weiß ich nicht, ob ich mit mir selbst leben kann, wenn ich weggehe.
— Rebecca Yarros, Flammengeküsst

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Manchmal suchte ihn sein altes Leben in diesen Mauern heim. Wie ein schlechter Scherz, eine grausame Ironie des Schicksals.
‐ Cain Vacik

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vom 06.12.2024
vom 06.12.2024
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Charaktere von jani


Reiter
39 Jahre alt
Gute Geschichten bürgen oftmals eine gewisse Tragik, eine Prise Humor und eine Ebene des Verständnisses. Wenn man dies erst einmal verstanden hat, ist es einfach, Worte zu finden, um Feinheiten zu vermitteln. Einen anderen Ton einzuschlagen und Revolutionen zu lenken. In seinem Leben hat es schon immer zwei Möglichkeiten gegeben: den einfachen Weg mit dem Kopf durch die Wand oder den langwierigen, in dem es von Nöten ist, Pläne zu schmieden und Samen zu sähen. Eigentlich ein stiller Charakter ist die Bedeutung von Worten Riven schon immer bewusst gewesen – vielleicht durch seine Mutter, die ihm von früh an beibrachte, sie zu hinterfragen und einen eigenen Sinn in ihnen zu finden. Oder durch seinen Vater, der ihn lehrte, wann ein Scherz angebracht ist und wann man den Mund besser zu halten hat. Vielleicht lag es aber auch an all den Befragungen, denen er beigewohnt hatte. Den Erinnerungen, die er auf Befehle hin hatte löschen müssen und die den Meldungen der Führungsebene widersprachen. Veneni und Wyvern – in seiner Kindheit nicht mehr als düstere Märchenwesen und heute die reale Gefahr für die Menschen des Kontinents. Er hatte anerkennen müssen, dass es ein Meisterwerk war: die Verbreitung der Lügen, das Verwischen der Grenzen und die Unsichtbarkeit der Intrigen, sind sie doch tief in den Alltag verwurzelt. Es hat eine gewisse Faszination in ihm geweckt, ein Spiel entfacht, in welchem Wissen vielleicht mehr wert ist als reine Kampfstärke. Wobei seiner Meinung nach das eine durch das andere bedingt wird: denn in den meisten Fällen geht Loyalität einher mit Vertrauen. Und wenn man erst einmal die Personen im navarrianischen Militär erkannt hat, die Zweifel haben, ist es kein Kunstwerk mehr, die Wahrheit zu nutzen, um sie von dem Vorhaben der Revolution zu überzeugen. Riven hat sich selbst nie als Ratsmitglied gesehen – wurde gewissermaßen in die Rolle gedrängt. Manche sagen aufgrund seiner Erfahrung, manche begründen es in seiner Rhetorik, doch für ihn geht es damit einher, dass er als einer von Wenigen unbemerkt überlebt hatte. Kein Teil der Schlacht von Aretia gewesen war und die reine Zerstörungswut erst im Nachhinein vor Augen geführt bekommen hatte. Es hatte etwas in ihm verändert: der Anblick seiner verbrannten Heimatstadt. Menschen unter den Trümmern. Die Hinrichtung seiner Freunde. Die Scheu vor Verantwortung hatte etwas anderem Platz gemacht – dem Wunsch danach, dass nichts umsonst gewesen war. Dass die Bewegung nicht endgültig zerschlagen worden war. Da war Wut in ihm gewesen. Hass. Aber auch Unverständnis: schließlich liegt der wahre Feind nicht in Poromiel. Nicht einmal in Navarre, auch wenn es sich manchmal danach anfühlt.

Reiter
23 Jahre alt
Der Tod ist nichts Schlimmes, Yiannis. Malek wird mich mit offenen Armen empfangen und irgendwann werden wir uns wiedersehen.“ Seine Mutter sprach leise, lehnte ihre Stirn bei den Worten an seine. Ein zaghaftes Lächeln auf den Lippen. Sie war nie ängstlich gewesen – nicht in seiner Kindheit, wo sie seine Vorliebe fürs Klettern mit einem Stirnrunzeln hingenommen hatte und auch nicht im Anblick ihres Ablebens. Sie hatten sich darauf vorbereiten können, auf diesen Tag und diese letzten Stunden. Es zu erleben war dennoch etwas anderes. Sein Herz schien langsamer zu schlagen, die Welt war dabei stehen zu bleiben. Nicht für alle, aber für ihn. Er wusste, dass es nicht fair war, sie zu verlieren. Dass sein Vater nicht die Kraft haben würde, weiterzumachen. Schon jetzt musste er ihn an den meisten Abenden in den Tavernen der Stadt ausfindig machen. „Sei nicht wütend.“ Er wünschte, er hätte das bedingungslose Vertrauen seiner Mutter in die Götter geerbt. Aber so war er nie gewesen – zu hitzköpfig, zu temperamentvoll, zu eigensinnig hatte er nie jemand anderen als sich selbst zur Verantwortung ziehen können. Töricht, würde sein Vater ihn später nennen. Nutzlos. Worte, die sich wie Gift in seine Gedanken nisteten und ihn an seinem Vorhaben zweifeln ließen, mehr aus sich zu machen. Dabei hatte es nicht viel gebraucht, um es wahr werden zu lassen. Eine Prise Mut, eine gewisse Vorbereitung und eine einzige Person, die sich die Mühe gemacht hatte, ihn tatsächlich zu sehen. An ihn zu glauben.

Reiter zu werden war keine Entscheidung gewesen, die er leichtfertig getroffen hatte. Es war kein Geheimnis, wie tödlich die Ausbildung war. Wie gefährlich jede einzelne Prüfung. Womit er dennoch nicht gerechnet hatte, war die Veränderung, die ein Ort wie Basgiath mit sich bringen würde – in seinem ersten Jahr war es darum gegangen, zu überleben. Darum, Freunde sterben zu sehen. Zu lernen, Verluste mit nicht mehr als einem Nicken hinzunehmen und weiterzumachen. Sich von seinen Gefühlen zu distanzieren und zu funktionieren. Doch es war sein zweites Jahr gewesen, welches letztlich dafür gesorgt hatte, dass er sich endgültig von seinem alten Ich löste – von dem Jungen, der er einst in Lewellen gewesen war. Der Hoffnung empfunden und zumindest in Teilen das Gute in Menschen vermutet hatte.

Gelehrte
28 Jahre alt
Auch wenn es ihr vorherbestimmt erschien, hat sich Eithne als zweitgeborene Tochter des Herzogs von Luceras nie vollkommen wohl mit dem höfischen Leben gefühlt. Wie gefangen in einem Gefängnis aus goldenen Mauern, stets unter den wertenden Blicken der Gesellschaft, hat sie das Spiel der Macht und Intrigen nicht gänzlich nachvollziehen können. Ihre Geschwister dagegen hatten früh gelernt, es zu meistern. Die herrschenden Kämpfe zu durchschauen, während sie die friedliche Abgeschiedenheit der Gärten den Abenden umgeben von schillernden Kleidern und fadenscheinigen Unterhaltungen vorgezogen hatte. Die Natur – samt ihrer seltenen Pflanzen, der heilenden Wirkung ihrer Kräuter – wurde schnell ihr Zufluchtsort. Sorgte für eine Faszination, die sie dazu brachte, ihr Leben weiterzudenken als dass, was ihre Mutter für sie vorgesehen hatte. Vermutlich war es ein Schock für ihre Familie gewesen, von ihrem Begehren zu erfahren, sich zur Heilkundigen an der Militärakademie weiterbilden lassen zu wollen – stand es im Gegensatz zu ihrem sanftmütigen und träumerischen Charakter.
Eithne fiel es schon immer leicht, die Stimmung ihrer Umgebung wahrzunehmen. Zu spüren, was andere empfanden. Und es führte dazu, dass sie es als ihre Verantwortung ansah, Frieden in ihrer Familie zu stiften. Streitereien zu schlichten, harsche Worte zu mildern und die Rolle der stillen Schlichterin einzunehmen. Diplomatie war ihr genauso wie ihnen mit in die Wiege gelegt worden, auch wenn ihre Worte nicht selten als nichtig abgetan wurden – zu laut waren ihre Geschwister im Vergleich zu ihr. Zu stark in ihren Meinungen, die sie manchmal die Rationale verlieren ließen.

Die vermeintliche Unabhängigkeit, die ihre Ausbildung ihr beschert hatte, hatte auch ihre Schattenseiten mit sich gebracht. Hatte dazu geführt, einen Teil ihrer Naivität in Anbetracht des Krieges abzulegen. Ihre Perspektive vielleicht nicht gänzlich zu verlieren, aber sie zumindest zu überdenken und zu erkennen, dass die Welt nicht so einfach war, wie sie sie sich in ihrer Kindheit vorgestellt hatte. Unter ihrer sanften Oberfläche fand sich ein eiserner Wille, eine gewisse Sturheit, die nur wenige zu erkennen vermocht hatten. Eine Hartnäckigkeit, die unumstößlich war, sobald sie sich erst einmal etwas in den Kopf gesetzt hatte. Letzterem ist geschuldet, dass sie in Anbetracht der Nachricht über den Tod ihres Verlobten nicht gänzlich den Verstand verloren hatte, war mit ihm auch ihr eigenes Glück gestorben. Dass sie seine Habseligkeiten verbrennen hatte können, ohne zusammen zu brechen. Und dass sie sich auf einer Reise wiederfand, vor der sie sich vielleicht mehr fürchtete, als vor dem Tod selbst.

Fliegerin
28 Jahre alt
Dein Lachen hallt durch die Mauern – es ist laut, fast ein bisschen zu hell für den Ort an dem ihr seid. Aber du hast gelernt, es nicht zurückzuhalten. Hast gelernt, es als Befreiung für das zu sehen, was es ist: von der Schwere eines endlosen Kampfes. Hast mit angesehen, wie deine Heimat an zwei Fronten zeitgleich gegenwärtig sein muss, um das zu schützen, was euch am Wichtigsten ist. Eure Familien. Die Hoffnung auf eine Zukunft statt der endgültigen Vernichtung. Deswegen lässt du die Stille um dich herum nur selten zu, nur in Momenten, in denen du dich sicher genug fühlst, um selbst ruhig zu werden. Dich deinen Gedanken hinzugeben, deine Sorgen zu adressieren und die Scherze zu vergessen, die dir sonst so mühelos über die Lippen kommen. Das Augenrollen, das sie begleitet. Bist bekannt dafür, die Stimmung anzuheben, die Welt für andere besser zu machen – weil es das ist, was dich glücklich macht. Die Menschen zufrieden zu sehen, die dir am Herzen liegen. Vielleicht ist es dein geheimes Talent, dass du die Dinge auf andere Weise betrachtest, nichts zu ernst nimmst, weil du ansonsten selbst deinen Verstand verlieren würdest. Du magst das Gefühl nicht, erdrückt zu werden – deswegen entgehst du ihm bei jeder sich bietenden Gelegenheit. Hältst an dem unerschütterlichen Glauben fest, dass sich irgendwann auch das schwerste Rätsel lösen lassen wird, dass das letzte Puzzleteil seinen Weg an die richtige Stelle findet. Du brauchst keinen Tempel dafür, dir reichen Träume aus. Vermutlich ist dir deswegen die Gabe zuteil geworden, ihnen folgen zu können. Sie nach deinen Vorstellungen zu formen. Es hat dir das Leben gewissermaßen erleichtert, brauchst keine mühseligen Worte mehr, um Ideen so zu platzieren, dass sie Anklang finden: kannst sie in die Gedanken von Personen setzen, die mehr zu sagen haben. Einfluss besitzen. Du brauchst keinen Ruhm, auch wenn du es magst, mit der Aufmerksamkeit zu spielen. Aber das, was du wirklich willst, weißt du selbst den Großteil der Zeit über nicht: hast Angst, dich zu sehr an Menschen zu binden, weil sie dich verlassen könnten, kannst gleichzeitig aber nicht gut allein sein. Du pflegst Freundschaften, brauchst aber Zeit um auch über die tiefergehenden Themen zu sprechen. Die Oberflächlichkeit zu verlassen. Bist nicht nachtragend, aber vergisst auch keine Enttäuschungen, weil sie das Vertrauen verletzen, was du in die jeweiligen Personen setzt. Sicherlich wäre es klug, mehr infrage zu stellen: aber deine Loyalität ist beinahe grenzenlos. Bist überzeugt davon, dass dein Schwadron ein Teil deiner Familie ist. Es die Menschen sind, für die du ohne einen Zweifel dein Leben geben würdest.

Reiter
50 Jahre alt
Er hatte sein Leben für die längste Zeit in Schwarz und Weiß geführt: die Welt in strengen Gegensätzen betrachtet. Gut oder schlecht, richtig oder falsch, hell oder dunkel. Eine festgelegte Bewertung, ein klares Urteil – es hatte für Sicherheit gesorgt, hatte seine Zweifel minimiert und gewissermaßen seine Taten entschuldigt. Doch etwas hatte sich in ihm verändert: die Jahre seiner Gefangenschaft haben dazu geführt, dass er sich in den Grautönen des Lebens wiedergefunden hatte. In dem jede Entscheidung einen Schatten warf, wo die Gegensätze ineinanderflossen. Cain musste einsehen, dass nichts mehr so sein würde wie zuvor – brauchte Zeit, zu lernen, was er in den ersten vier Jahrzehnten seines Lebens verpasst hatte. Die Farben und Nuancen wahrzunehmen, über die er früher hinweggesehen hatte. Sicherlich spielte es in das Scheitern seiner Rehabilitation ein: seine ständigen Gedanken, die nach dem Warum fragten. Wie konnte ein einfacher Streit soweit eskalieren, dass er etwas hinter sich gelassen hatte, was er für seine Ewigkeit gehalten hatte? An welchem Punkt hatte er die falsche Entscheidung getroffen, die ihn über Jahre hinweg in Poromiel gefangen gehalten hatte. Cain war sich sicher gewesen – vielleicht zu übermütig, vielleicht von dem Glauben geprägt, dass ihm nichts geschehen würde, weil Zihnal immer an seiner Seite gestanden hatte. Manche behaupten, dass dem auch weiterhin so gewesen war. Dass sein Überleben mit Glück zu tun gehabt hatte. Aber er selbst ist weit davon entfernt, es so zu nennen: seine Hoffnungen sind an dem Ort ebenso gestorben wie seine Fähigkeit, eine aktive Rolle im Krieg einzunehmen. Etwas, worauf er mühsam hingearbeitet hatte, was ihm genommen worden war, weil seine Gedanken ihn zu einer größeren Gefahr machten, als dass sie irgendjemanden von Nutzen waren. Verloren zwischen Albtraum und Realität, unsicher im Hinblick auf seine eigenen Gefühle – und die Absichten aller anderen – hatte er sich zurückgezogen. Hatte eingesehen, dass seine Gesellschaft nicht mehr unterhaltsam oder erheiternd war, sondern geprägt von Sorge und Mitleid. Und beides wollte er nicht zulassen. Wollte sich nicht als jemanden sehen, der repariert werden musste, weil die Spuren der Folter an seinem Körper auch niemals verschwinden würden.

Es hat ihn Geduld gekostet – mehr als er in der Vergangenheit besessen hatte – um einen Weg zu finden, mit seinem neuen Ich zurecht zu kommen. Zu tolerieren, welche Veränderungen von statten gegangen waren, welche Ängste sich in ihm befanden. Früher hätte er sich ihnen vielleicht gestellt, doch heute erträgt er sie im Stillen. Hat nicht die Kraft, an zwei Fronten zeitgleich zu kämpfen: dem Ziel zumindest seinen Körper wieder zur altbekannten Stärke zu verhelfen, wenn sein Geist vielleicht unweigerlich gebrochen war. Es war frustrierend für ihn: wie langsam er Fortschritte gemacht hatte. Wie viel Zeit er benötigt hatte, um einen Punkt zu erreichen, an dem er sich zum ersten Mal besser gefühlt hatte. Neue Perspektiven nicht abgelehnt, sondern sich offen ihnen gegenüber gezeigt hatte. Cain war nie davon ausgegangen, irgendwann einmal zu lehren. Dachte, dass er als Reiter den Tod finden würde, doch Malek hatte kein Erbarmen gezeigt und ihm stattdessen die Erfahrungen mit auf den Weg gegeben, die von Nöten waren, um den Überlebenskurs am Basgiath War College zu führen. Das Geheimnis, wie man tatsächlich an einem Ort überstand, an dem man dachte, zu sterben: einen Anker, mit dem man seinen Willen verband. In seinem Fall waren es die Vorstellung an seine Tochter – die Illusion, sich irgendwann für seine Fehler entschuldigen zu können. Sie hatten ihn durch die schwersten Stunden getragen. Hatten dafür gesorgt, dass er mehr ertrug, als er für möglich gehalten hatte. Aber sie änderten nicht, dass er inzwischen – weit weg der Finsternis, die ihn doch nicht gänzlich loszulassen schien – realisierte, dass es egoistisch von ihm wäre, sie zu suchen. Sie ausfindig zu machen. Und vielleicht ist es die größte seiner Wandlungen: dass er seinem Drang nicht nachgibt, sich selbst nicht über sie stellt und sich darauf besinnt, dass er nicht gut genug für sie ist.

Schriftgelehrte
33 Jahre alt
Aurelia Ganasdir. Aurelia Seagha. Wenn man den Listen vertraut, existiert nur noch eine dieser Personen. Hast deinen Mädchennamen hinter dir gelassen, weil es keine Rolle spielt: Namen tragen keinerlei Bedeutung. Sie verblassen in den Schatten der Geschichte. Bleiben vielleicht als Flüstern in den Archiven zurück, als Markierungen in Büchern – doch irgendwann verschwinden sie selbst dort. Werden im Angesicht der Zeit über Generationen hinweg vergessen. Du fühlst keine Traurigkeit darüber, bist nicht hier, um deinen Namen unsterblich zu machen. Willst formen, prägen, hinterlassen. Die Worte, die du schreibst, die Entscheidungen, die du triffst: es sind jene, die zählen. Bist von einem Pragmatismus umgeben, der sich bereits in deiner Kindheit manifestiert hat. Warst lieber umringt von Büchern als von Menschen. Hast Erklärungen und Logik besser verstanden als Emotionen. Dich selten dem Idealismus hingegeben und dich stattdessen auf umsetzbare Lösungen fokussiert. Du hast die Überzeugungen deines Vaters geerbt, aber den Verstand deiner Mutter. Vielleicht bist du ihr deswegen in den Quadrant der Schriftgelehrten gefolgt; um nicht müde zu werden. Neue Herausforderungen zu finden. Nimmst die Welt in Formen und Mustern, Bildern und Abfolgen wahr – wie Sprachen, die einem wiederkehrenden Rhythmus nachgehen. Fühlst dich umgeben von Tinte und Federkielen zuhause, liebst das raue Pergament zwischen deinen Fingern. Hauchst den toten Sprachen wieder Leben ein, zu wichtig sind die Inhalte, die in ihnen verborgen liegen. Zu gefährlich das Wissen, welches ansonsten durch Zufall erlangt werden kann. Bei dir war es nicht anders: bist in die Geheimnisse des Königreiches hineingeschlittert. Unbewusst, aber nicht ahnungslos. Hast schnell die Bedeutung verinnerlicht, die Notwendigkeit in dem Handeln der Generäle gesehen. Es hat den Kern deiner Arbeit geändert. Schreibst nicht mehr nur Berichte, leitest keine simplen Informationen mehr weiter: sondern verschleierst, lügst und beeinflusst. Wärst du ein besserer Mensch, würde es dir vielleicht schlaflose Nächte bereiten, aber deine eigenen Motivationen verhindern es. Nicht der Krieg entscheidet darüber, wer das Richtige tut. Er entscheidet darüber, wer am Ende überlebt. Und für dich zählt nicht mehr als das: das Überdauern des Königreiches. Willst keine zweite Rebellion erleben, willst das Land in Sicherheit wissen. Und auch wenn es nicht deinem Wesen entspricht, stimmst du der Meinung deiner Vorgesetzten zu: manchmal ist Nicht-Wissen besser. Zumal es nichts ändern würde – der Krieg und die Verluste würden dennoch existieren. Nur der Feind wäre ein anderer.

Du hast dich in den letzten Jahren weiterentwickelt: durch deine Verantwortung und deine Aufgaben. Bist nicht mehr nur stille Beobachterin, sondern Strategin. Hast gelernt in Momenten des Chaos Ruhe zu bewahren. Deinen rationalen Gedanken zu folgen, statt dich von Gefühlen leiten zu lassen. Gibt nur wenige Situationen, wenige Menschen, die dich deine Selbstbeherrschung vergessen lassen. Der Tod deines Bruders hat für Tränen auf deinem Gesicht gesorgt. Zu schmerzhaft war der Abschied, um dich darüber zu sorgen, wer sie hätte sehen können. Deine Freunde entlocken dir ein Lachen, selbst wenn du es hinter einem Augenrollen zu verstecken versuchst. Und im Angesicht deines Ehemannes bröckelt deine ganze Fassade. Kannst deine Gefühle nicht immer fassen, sie nicht immer kontrollieren – lässt zu, dass deine Gedanken in der Zweisamkeit stolpern. Dass du dein Gleichgewicht verlierst, weil du weißt, dass er dich selbst in den hitzigsten Diskussionen auffängt. Er dich nicht fallen lassen würde, selbst wenn du dabei wärst, zu zerbrechen. Vermutlich würdest du es allein hinbekommen: aber musstest es in den vergangenen Jahren nicht sein. Hast nicht nur eine Bestimmung, sondern auch eine Familie in deiner Staffel gefunden. Ein zuhause entfernt von deiner eigentlichen Heimat in Tyrrendor. Selbst wenn deine Tätigkeiten noch immer verwoben mit der Provinz und ihrer Kultur sind und du weißt, dass beides Teile deiner Geschichte sein werden. Denn wer bist du, wenn nicht das, was du hinterlässt?

Handwerk
34 Jahre alt
Sie mochte solche Situationen nicht. Momente, in denen man ihr ungeteilte Aufmerksamkeit schenkte. In denen sie im Mittelpunkt stand und man sie zum Thema machte. Es verunsicherte sie. Genauso wie es die Frage tat, die man an sie gerichtet hatte. Unscheinbar. Wenn sie sich selbst mit einem Wort beschreiben sollte, dann wäre es dieses. Sie mochte den Gedanken; unterzugehen in der Menge. Sich so mühelos in die Leben anderer zu integrieren, dass sie als Konstante für diese galt. Ohne Hektik, ohne Trubel. Odessa wollte Menschen glücklich machen, nicht für mehr Ärger sorgen. Es hatte sich durch ihre gesamte Kindheit gezogen. Hatte mit ihrer Mutter begonnen, die das Einhalten strikter Regeln von ihr gefordert hatte. Hatte sich fortgeführt in ihrer Jugend, als es nur noch ihr Vater und sie gewesen waren. Obwohl sich ihr Umfeld geändert hatte, es von Liebe durchzogen gewesen war, hatte sie sich vermehrt alleine wiedergefunden. Mit ihren Gedanken, mit ihren Gefühlen. Sie hatte erkannt, wie schwer es ihrem Vater gefallen war – ein Leben, welches er sich weder für sich selbst noch für sie gewünscht hatte. Deswegen hatte sie Wege gefunden, es ihm zu erleichtern. In dem sie ihm im Haushalt geholfen hatte. Sich selbst beschäftigte. Sogar in ihrer Jugend hatte sie keinen Drang zur Rebellion verspürt. „Verlässlich“, war stattdessen das Wort, was über ihre Lippen kam. Weil sie ahnte, dass alles andere zu kompliziert gewesen wäre. „Wie sind sie zum Zeichnen gekommen, Miss Loudain?“ Ihr Blick wanderte zu der Frau seitlich von ihr. Ihrem rundlichen Gesicht, den warmen blauen Augen und ihrem wohlwollenden, fast mütterlichen Lächeln. Sie musste merken, wie schwer es Odessa fiel, sich für diese Stelle zu verkaufen. Und das war es, was sie tun musste; losgelöst von all den Qualifikationen, über die ihre Gegenüber bereits Bescheid wussten. Die Empfehlungen der vorherigen Ateliers, für die sie tätig gewesen war. Ihre Zertifikate, die ihre Eignung als Kartographin bescheinigten. Die Karten, Pläne und Zeichnungen, die sie zu einer feinsäuberlichen Mappe gebunden hatte. „Irgendwann konnte ich Stifte halten und seither hab‘ ich sie nie wirklich abgelegt.“ Es war die Wahrheit: den Großteil ihrer Zeit verbrachte sie damit, Linien und Striche auf Pergament zu setzen. Sie trug ihre Federmappe mit sich wie Soldaten ihre Waffen. Konnte sich besser konzentrieren, wenn ihre Hand nebenbei dabei war, etwas zu skizzieren. Fühlte sich sicherer inmitten von Farben und Tinte. Vermutlich hatte es deswegen niemanden überrascht, dass sie sich für den Quadranten der Schriftgelehrten entschieden hatte. Es war ein Zwischenstopp in ihrem Leben gewesen; immerhin hatte sie nie den Wunsch gehegt, eine aktive Rolle im Krieg einzunehmen. Dafür ging sie Konfrontationen noch immer zu häufig aus dem Weg. Fand sich zu oft in Situationen wieder, in dem ein Ja über ihre Lippen glitt, statt des Neins, was sie eigentlich fühlte. Odessa hatte dazugelernt – sah die Bedürfnisse Fremder nicht mehr als wichtiger als ihre eigenen an. Aber sie hatte Probleme damit, wenn es Menschen umschloss, die sie liebte. Erwischte sich zu häufig dabei, wie sie ihre eigenen Grenzen für sie erweiterte. Ausflüchte fand, um die man sie nicht gebeten hatte. Verlustangst, hatte ihr Vater es genannt. Die Sorge davor, verlassen zu werden; so wie ihre Mutter sie verlassen hatte. „Und sie wären bereit, nach Lewellen zu ziehen?“ Andernfalls hätte sie sich nicht für die Arbeit in Tyrrendor beworben. Aber auch diese Worte hielt sie zurück, nickte stattdessen höflich. „Mich hält nichts in Elsum und es ist eine gute Möglichkeit, meine Fertigkeiten weiterzuentwickeln.“ Es war keine Herausforderung für sie, ihre bekannten Strukturen zu verlassen. Sie hatte keine Angst vor Veränderungen; solange sie dabei etwas machen konnte, was sie liebte.

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content by berrie & sophie • based on "the empyrean"-series by Rebecca Yarros